Konnichwa aus Fukuoka sehr geehrte Damen und Herren!
Es hat zwar etwas gedauert, aber hier ist nun der erste richtige Post live aus Japan. *daedaeaeae*
Die aeusseren Umstaende erlauben mir momentan weder die stilistisch angenehmere Verwendung guter alter deutscher Umlaute (es lebe die japanische Buerotastatur mit ABC-Folie auf den Tasten!) noch die Nutzung des Internets vom Haus meiner Gastfamilie aus, darum soll sich das Geschreibsel in diesem Post so breit wie moeglich machen und am Ende Bilder sprechen :D
Nur soviel: Die Kajitani Family ist eine wunderbare Gastfamilie, die mit viel Geduld meinen Holzungendeutschjapanischsprachsalat in 60% funktionierende Gespraeche ueberfuehrt und ihr Trethupenhuendchen Daifuku sieht aus wie ein gestopftes Reisbaellchen und ist der Knaller!
Bei 30 Grad, Monsunzeit und mehr Regen an einem Tag als Hamburg in 'nem Jahr abkriegt, weiss Fukuoka mit 1,3 Millionen Einwohnern, britischer Verkehrsfuehrung, Sehenswuerdigkeiten und prallem japanischen Leben zu begeistern.
Der Flug in diesen subtropischen Bienenstock ging am 02.07.2011 morgens um 7.30 Uhr aus Hamburg, ueber Paris wo 1 von 2 Reisetaschen beschloss, noch bis Dienstag Urlaub bei Air France zu machen. Von Paris droehnte das Flugzeug nach Tokio, wo mich, wie mir die Geigerzaehler am Zoll erzaehlten, ausschliesslich faszinierte Japaner anstrahlten (und trotzdem hab' ich mir lieber ne kalte Milch mit Honig aus'm Getraenkeautomaten geholt, als mich am Wasserspender zu bedienen, wie es die Haelfte meiner Mitreisenden, artig in einem Halbkreis anstehend, tat).
Nach ein bisschen Gepaeckmemory mit netten, aber nur Japanisch sprechenden Flughafenangestellten und Power Rangers in der Abflughalle schauen, ging es schliesslich von Tokio nach Fukuoka, wo mich meine Gastmutter, Oka-san, mit der Gasttante und der 94-jaehrigen Gasturoma abholten.
Trotz nur einer Muetze (besser: einem Huetchen!) Schlaf, fing der Tag hier erst richtig an, denn nun ging es Reisbaellchen, Bohnenpudding, fies-saure eingelegte Pflaumen und tiefgefrorene Puderzuckerkirschen zum Mittag essen. Anschliessend nahm mich der Gastvater, Oto-san mit ins Ofuro, in ein oeffentliches Badhaus, wo es zu so guenstigen Preisen SO herrlich viel "Wellness" gibt, dass man sich fragt, was fuer eine Daseinsberechtigung die westliche Spa-und Wellness-Industrie eigentlich hat. Zum direkten Vergleich: Im Ofuru "Daichi Chikushi Nakagawa" kann man fuer 4,50 Euro den ganzen Tag in 10 verschiedenen Becken, Wasserarten und -temperaturen, Saunen, Entspannungsgaerten usw. zubringen (auch wenn einen die wie Schiesshunde auf die Geschlechtertrennung achtenden Rezeptionistinnen wahrscheinlich schief ankucken wuerden), im "Hamburg Hilton" kostet ein Wellnessaufenthalt fuer einen Tag mindestens 150 Euro in 4 Becken, 3 Saunen und mit 1 Massage...
Zum wuerdevollen Abschluss eines 38 Stunden-Tages lud uns Gastbruder Kazinori-san in ein Sushi-Restaurant ein, das direkt dem Japan-Reisefuehrer entsprungen schien. Wir wurden vom 2.besten Nigiri (Reisroellchen, oft mit Fisch)-Zauberer Japans verkoestigt und bekamen Barbecue-Fischaugen (mit Teriyaki Fischkopf), Muscheln und Tintenfisch, Lachs, Thunfisch und Shrimps zu essen.
Am Montag ging es zur Ashai Nihongo Language and Internship School in downtown Fukuoka, wo ich mein Praktikum absolviere. Dachte ich jedenfalls bis Montag. Nach einer froehlichen "Orientation" mit anderen Studenten und Praktikanten aus Deutschland, Daenemark, den USA und Japan durfte ich beim Japanisch-Einstufungstest mit wenig Japanisch und viel unleserlicher Handschrift glaenzen. Im persoenlichen Interview erfuhr ich dann, dass mein Praktikum bei einer Englisch-Sprachschule um die Ecke stattfindet und dass ich mich auf mein Vorstellungsgespraech am Dienstag vorbereiten solle. Die Tempel- und Shopping Tour durch Fukuoka wurde so bei stroemendem, bruehwarmen Regen noch ein bisschen spannender. Multiperspektivische und schoen voneinander abweichende Wegbeschreibungen sowie mein ausgepraegter Orientierungssinn liessen mich auf dem Heimweg 2 Stunden mit U-Bahn und Bus durch die Stadt irrlichtern, dann in der Bus-Zentrale von Ost-Fukuoka bei 20 staunenden und sehr hilfsbereiten, aber ausschliesslich Japanisch sprechenden Busfahrern stranden, bis mein Gastbruder mich dort einsammelte und zum Nudelwettessen in ein "Udong" mitnahm.
Dienstag liess sich die 2 Stunden Bus-Odyssee vom Vortag auf angenehme 35 Minuten Shinkansen (Japans Kult-Schnellzug) und U-Bahnfahrt mit der Gastcousine, Dieah-chan, verkuerzen. Das Interview bei der Sprachschule lief dank einer japanischen Lehrerin aus der Asahi Schule, die im groessten Sprachsalat mit Uebersetztungs-Dressing nachhalf, anscheinend so vernuenftig, dass die Chefin des "Kyushu Gaigo College", Ryoko-san, mich als Praktikant aufnahm.
Nach bestandenem Vorstellungsgespraech laesst es sich im "Tubby's Cafe" bei Gruenem-Tee-Milch-Kaffee und 40 Grad Aussentemperatur ausgleichender Klimaanlage guuut entspannen.
Mittwoch hatte ich also meinen ersten richtigen Arbeitstag und schneite zwischen dahineilenden Geschaeftsleuten, umherhechtenden Schuelern und Studenten ins "Kyushu Gaigo College". Mit viel Hoeflichkeit und Dauerlaecheln stellten sich die Lehrer und Angestellten der Schule vor und wir tauschten Visitenkarten aus (wie vorher geuebt: Wenn man der Neue ist, muss man seine Karte niedriger als sein Gegenueber halten, sie mit beiden Haenden ueberreichen, mit beiden Haenden entgegen nehmen, schoen draufkucken und sich bedanken, sie dann behutsam vor sich ablegen und in einem unbeobachteten Moment in seiner Tasche verschwinden lassen).
Ein bisschen Bueroarbeit und sich japanischen Schuelern vorstellen zur Einarbeitung wurde durch eine Farewell-Lunch-Party fuer den Australischen Praktikanten Owen abgerundet. Owen war vor seinem Praktikum bei der australischen Spieleentwicklungsfirma "Infinity Interactive" als Tester taetig und damit direkt verantwortlich fuer solche Prachtstuecke der Spielegeschichte wie "Puzzle Quest" (*auf die Knie fall' und bewunder'). Mit ein paar Hausaufgaben fuer Donnerstag, einem Sprachsalat-Dinner mit Freunden der Gasteltern und explosionsartigen Wasserfaellen, die als Regen durchgehen wollten, ging`s schliesslich fast schon aus-ge-jet-lagged vernuenftig gegen 23.30 in die Federn.bzw. auf die Tatami-Matte.
Jetzt geht es zur Seinan Gakuin University (jahaa!) und einem Comparative Religions Kurs, in welchem die Direktorin des Kyushu Gaigo College fuer den Rabbi Jonathan Magonet uebersetzt, waehrend er ueber das Buch von Esther aus der hebraeischen Bibel spricht.
In fond memory of Gleb und Micha, "Shalom" und Banzai !